„Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“
28. Sonntag im Jahreskreis - Reichtümer loslassen - sich auf Gott einlassen
Gedanken zum Sonntag 10. Oktober 2021
Vor Gott sind alle Menschen gleich an Würde und gleich an Ansehen. Wohlhabende oder Mächtige zählen bei ihm nicht mehr als Einfache, Kinder oder Behinderte. Wenn wir vor Gott hintreten, wird uns bewusst, dass wir alle in gleicher Weise darauf angewiesen sind, dass er sich uns zuwendet und sein Wohlwollen schenkt. Hans Hütter (2018)
EVANGELIUM vom 28. Sonntag im Jahreskreis - Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:
In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer der eine Gott. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, umarmte ihn und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber gerieten über alle Maßen außer sich vor Schrecken und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich. Da sagte Petrus zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen. Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser und Brüder, Schwestern und Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben. Mk 10, 17-30
Gedanken anstelle einer Predigt
Das Markusevangelium stammt ungefähr aus dem Jahr 70 n. Chr. und wurde vermutlich in Rom verfasst. Adressaten sind Heiden und Heidenchristen. Die Begebenheit vom reichen jungen Mann hat Markus in den dritten Teil der "Biographie" Jesu gesetzt, in die Wanderung auf Jerusalem zu. Der heutige Abschnitt setzt sich aus drei Teilen zusammen: die Erzählung von der Begegnung mit dem reichen Mann, die anschließende Jüngerbelehrung und die Frage nach der Nachfolge und dem verheißenen Lohn dafür. Ein nicht näher bezeichnete Mann tritt an Jesus mit einer Frage heran, die viele Leser und Hörer des Evangeliums beschäftigt haben dürfte. Die Kniebeuge bekundet den großen Respekt des Mannes vor Jesus. Die genannten Gebote wurden von ihm eingehalten; dies schließt wohl auch die soziale Komponente mit ein. Die Geste Jesu anschließend ist nicht zuerst eine Anerkennung dessen, was dieser Mann alles "geleistet" hat, sondern eine Einladung. Diese Einladung ist mit der Aufforderung verbunden, seinen gesamten Besitz zu verkaufen und den Erlös den Armen zu geben; eine überraschende und radikale neue Forderung. Sie ist verbunden mit dem Ruf in die Nachfolge. Die Lösung vom irdischen Besitz verschafft einen himmlischen Schatz. Diese rein jüdische Vorstellung geht davon aus, dass Almosen und gute Werke in der himmlischen Welt eine entsprechende Vergeltung erfahren dürfen. Nachdem der reiche Mann gegangen ist, wendet sich Jesus nun den Jüngern zu. Die Frage nach dem ewigen Leben bleibt weiter bestimmend. Jesus prangert grundsätzlich den sog. "Mammonismus" an. Die Redewende vom Nadelöhr und dem Kamel, bzw. ähnliche Sprüche, waren den Rabbinen bekannt. Es gibt viele Hindernisse, die den Eintritt in das Reich Gottes unmöglich machen. Auf das Erschrecken der Jünger folgt der Trost, dass Gott das Menschenunmögliche doch möglich macht. Diese Antwort verweist auch auf die Einsicht von Hiob (Hiob 42,2, bzw. Gen 18.14). Die Jünger sind schon in die Nachfolge eingetreten und sollen sich bewusst werden, dass die von ihnen geleisteten Verzichte nicht um ihrer selbst willen erfolgten, sondern dazu verhelfen sollen, eine neue Gemeinschaft bzw. Gemeinde aufzubauen; den "Lohn" werden sie so erhalten. Lesungskommentar Lorenz Walter Voith (2003)
Zum Nachdenken